Sonic Magazine, Germany.


Perfekte Tongebung und weit gefächertes Interesse an Musik vom Barock bis zur Gegenwart zeichnen María Cecilia Muñoz aus. Solo, in Kammerensembles und renommierten Orchestern ist die Flötistin präsent.

Von Hans-Dieter Grünefeld

DIE ESSENZ BLEIBT IN DER MUSIK

María Cecilia Muñoz, geboren 1982 in Buenos Aires, hat als vielseitige Flötistin in Argentinien un besonders in duetschsprachigen Ländern reüssiert und eine ausgezeichnete Reputation erworben. Im sonic-Gespräch erzählt María Ceciila Muñoz von ihrer Karriere auf zwei Kontinenten.

Sonic: Wer hat Sie motiviert, Flöte zu lernen und als Hauptinstrument zu wählen?
M. C. Muñoz: Als ich fünf Jahre alt war, habe ich an einem Konzert eine Arie für Flöte und Gesang gehört. Das Instrument hat mich so stark beeindruckt, dass ich es seit dem Moment lernen wollte. Ich war aber noch viel zu jung für die körperlichen Kapazitäten, die man für die Flöte braucht, und musste zunächst Klavier und Gitarre lernen. Als ich dann neun Jahre war, durfte ich ersten Flötenunterricht nehmen. An diesem Tag wusste ich schon ganz genau, dass die Flöte mein Instrument ist.

Warum sind Sie von Argentinien nach Europa (Schweiz / Deutschland) gezogen, um hier Ihre Ausbildung fortzusetzen und Ihre Karriere zu beginnen?
Ich habe neben dem Gymnasium mein Lehrdiplom absolviert und mit achtzehn Jahren mein Studium in Buenos Aires abgeschlossen. Es war mir aber klar, dass ich weiter studieren wollte, und damals hat Felix Renggli (Professor an der Musikakademie Basel, Anm. des Verf.) jedes Jahr Argentinien besucht. Er hat mich immer mit seinem Spiel und Unterricht begeistert. Während meines letzten Studienjahres in Argentinien habe ich an einem Meisterkurs von Aurèle Nicolet teilgenommen und mit ihm über Studienmöglichkeiten in Europa geredet. Er hat mir empfohlen nach Basel zu Felix Renggli zu gehen. Das Vertrauen in Aurèle Nicolet und die persönliche Begeisterung, die auch von Felix Renggli kam, haben mich zweifellos nach Basel geführt.

Was bedeutet Ihnen Argentinien, wo Sie im Opernorchester Teatro Colon spielen?
Argentinien ist mein Zuhause, ich bin in Buenos Aires geboren und meine ganze Familie und alle Freunde sind hier. Das Teatro Colón ist ein traumhafter Ort, ein tolles Theater mit etabliertem Publikum und unglaublicher Akustik. Nach zwölf Jahren im Ausland bedeutet es für mich die ideale Umgebung, um in mein Land zurückzukehren. Es ist eine tolle Stelle mit einer gewissen Flexibilität, die mir erlaubt, auch andere Projekte zu gestalten, in Argentinien ebenso wie im Ausland.

Sie sind als Orchestermusikerin, in Kammerensembles und Solo aktiv. Welche Prioritäten haben Sie?
Für mich war immer wichtig, mich als Musikerin und Flötistin nicht auf einen Bereich festzulegen. Das Abwechslungsreiche Repertoire und die verschiedenen Besetzungen verlangen ganz andere Qualitäten des Interpreten und dadurch lerne ich sehr viel und habe viel Spaß an dieser Diversität. Ich würde nicht sagen, dass ich eine Option bevorzuge, aber ich kann schon sagen, dass eine meiner Prioritäten ist, in allen diesen Rollen aktiv zu bleiben.

Die Flöte wird oft oder meistens mit französisch-impressionistischem Repertoire in Verbindung gebracht. Inwieweit ist dieses Stereotyp relevant?
Meiner Meinung nach ist erwiesen, dass die Flöte zur Zeit des Impressionismus in Frankreich einem großen Impuls bekommen hat, und zwar aus verschiedenen Gründen, die aus diesem speziellen Kontext für die Flöte entstanden sind: Einerseits gab es in Frankreich mehrere Flötenbauer, die angefangen hatten, Instrumente mit dem neuen Böhmsystem zu fertigen. Debei haben die signifikante technische Verbesserungen vorgenommen. Andererseits war dieses neue Instrument sehr geeignet, die Faszination für Licht und Farbe zu reflektieren, die es damals nicht nur in der Bildenden Kunst gab, sondern auch in der Musik. Für die Flöte wurden plötzlich ganz viele neue Stücke komponiert (was während der Romantik gar nicht der Fall war). Dazu kamen noch Traktate zur erweiterten Orchestrierung, die die Komponisten beeinflusst haben, sodass die Flöte nicht nur neue Stücke im Solo-und Kammermusik-Bereich bekam, sondern als Orchesterinstrument ebenfalls ganz anders behandelt wurde. Deutliche Beispiele dafür sind „Prélude a l’après-midi d’un faune“ von Claude Debussy oder „Daphnis et Chloé“ von Maurice Ravel. Mit großer Freude habe ich meine Debüt-CD „Couleur” (2013) diesem Repertoire für Flöte und Klavier gewidmet.

Hat sich nach Ihrer Meinung oder Erfahrung an der Wahrnehmung der Flöte etwas geändert? Wenn ja, welche Tendenzen sehen Sie?
In vielen Aspekten hat sich die Flöte weiterentwickelt. Die aktuellen Komponisten schreiben viel und immer mehr für uns. Die Spieltechnik hat sich sehr verbessert, das Niveau wird immer höher und die Flöte erweitert ihre Präsenz in der Musikwelt.

Ihr eigenes Repertoire umspannt Werke des Barock, der Klassik bis hin zur Moderne und Avantgarde. Was ist für Sie an zeitgenössischer Musik besonders interessant?
Alle modernen Werke, bei denen man einen Rekurs zu historischem Repertoire entdecken kann, fasziniert mich. Gerade in der zeitgenössischen Musik gibt es oft eine Symbiose zwischen Komponisten und Interpreten, einen notwendigen kreativen Austausch, wodurch musikalisch etwas in Bewegung kommt und neue Klang-vorstellungen entstehen. Neue Werke verändern nicht nur einzelne Facetten der Tonkunst, sondern bringen auch neue Techniken für das Instrument und somit Inspiration und Herausforderung für den Interpreten.

Was denken Sie über die historisch-informierte Aufführungspraxis?
Alles, was man heute wissen und auch hören kann (da jetzt die historischen und die modernen Instrumente mit großer Natürlichkeit koexistieren), kann wirklich sehr inspirierend sein. Die neuen Instrumente eröffnen uns ganz viele, zuvor nicht mögliche Timbre-Dimensionen, die uns erlauben, die ältere Musik in einem neuen Klangrahmen zu bringen.

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INSTRUMENT:
Muramatsu Flöte, Gold 18k

AKTUELLE CD:
Hans Werner Henze:
I sentimenti di Carl Philipp Emanuel Bach
Carl Philipp Emanuel Bach:
Konzert d-Moll für Flöte, Streichorchester und Cembalo
Wolfgang Amadeus Mozart:
Konzert für Flöte, Harfe und Orchester C-Dur

María Cecilia Muñoz, Flöte;
Sarah O’Brien, Harfe;
Kammerorchester Basel
Ltg,: Yuki Kasai

Label: Ars Produktion SACD 38158
Vertrieb: Note 1

www.mariaceciliamunoz.com

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Welche Flötistinen haben Sie am meisten beeinflusst?
Aurèle Nicolet und Felix Renggli. Beide waren für mich ganz klare Vorbilder als vollkommene Musiker und Künstler. Sie haben mich gelehrt, dass die Flöte nur ein Weg ist, den man auswählt, um sich durch Musik und Kunst auszudrücken. Die Essenz bleibt aber immer in der Musik. Diese Überzeugung meiner beiden Mentoren hat mich tief beeinflusst und mir die Richtung für meine Karriere gezeigt.

Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
In Europa habe ich einige Solo-Konzerte in Zusammenhang mit meiner Aktuellen CD vorgesehen, die ich im letzten Jahr mit dem Kammerorchester Basel aufgenommen habe.
Das Programm „Couleur” der vorherigen CD mit der kanadischen Pianistin Tiffany Butt werde ich noch unter anderem beim Richard-Strauss-Institut in Garmisch-Partenkirchen spielen. Im Rahmen der Zeitgenössischen Musik werde ich Konzerte und Musiktheater-Projekte mit dem Ensemble Laboratorium gestalten. In Argentinien habe ich vor, mich neben der Orchestersaison in den nächsten Monaten intensiv mit verschiedenen Kammermusik-Projekten zu beschäftigen. Darunter ein Programm für Flöte, Klavier und Cello, das wir unter anderem im Großen Saal des Colón-Theaters spielen werden. Außerdem gibt es noch eine Tournée mit allen Mozart- Flötenquartetten, auf die ich mich schon sehr freue!

Vielen Dank für das Gespräch.

Hans-Dieter Grünefeld